Dekubitusprophylaxe: Schutz vor Liegegeschwüren (2024)

Das Wichtigste in Kürze:

  • Der Dekubitus wird auch als Druckgeschwür oder Wundliegegeschwür bezeichnet und ist eine offene Wunde, die durch eine mangelnde Durchblutung der Haut entsteht. Betroffen sind vor allem bettlägerige Menschen und Personen im Rollstuhl.
  • Gezielte Maßnahmen zur Prophylaxe sind die Mobilisation des Betroffenen durch Umlagerung sowie die Druckentlastung der betroffenen Körperbereiche.
  • Wichtige Faktoren in der Dekubitus­prophylaxe sind auch die richtige Hautpflege, gesunde Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr.
  • Als Unterstützung können spezielle Matratzen oder Schoner zum Einsatz kommen.

Was ist Dekubitus­prophylaxe?

Die Dekubitus­prophylaxe beugt einem Liegegeschwür vor. Besonders Menschen, die im Rollstuhl sitzen oder dauerhaft im Bett liegen, sind gefährdet. Dort, wo Knochen aufliegen lastet ein hoher Druck auf dem Körper und die betroffenen Stellen werden nur eingeschränkt durchblutet. Liegt oder sitzt die pflegebedürftige Person zusätzlich permanent in einer schräg aufgerichteten Position, verstärken Scherkräfte den Druck. Die leicht rutschende Position zieht die oberen Hautschichten nach oben, was die Durchblutung zusätzlich erschwert. An der betroffenen Stelle sammeln sich giftige Schadstoffe. Die Folgen sind absterbendes Gewebe und Nervenzellen.

Ziel der Dekubitus­prophylaxe ist es, die Schädigung der Haut zu vermeiden. Pflege­nde können ihren Angehörigen mit verschiedenen Maßnahmen in Bewegung bringen, um gefährdete Körperregionen zu entlasten.

Warum ist Dekubitus­prophylaxe wichtig?

Ein Dekubitus entsteht sehr schnell. In einigen Fällen kann es schon ausreichen, wenn sich der Patient zwei Stunden nicht bewegt, damit ein Dekubitus ersten Grades entsteht. Doch auch Faktoren wie eine schlechte Ernährung und schlechte Hautpflege können die Entstehung eines Dekubitus begünstigen. Für Betroffene ist die Verletzung ab einem gewissen Grad nicht nur mit enormen Schmerzen, sondern auch einer hohen psychischen Belastung verbunden. Die Patienten ziehen sich oftmals zurück und meiden soziale Kontakte, da sie sich für die offene Wunde schämen. Die Behandlung des Dekubitus ist zudem eine langwierige Angelegenheit. Meist dauert es mehrere Wochen oder sogar Monate, bis das Geschwür abheilt. Gezielte Maßnahmen zur Prophylaxe können dem vorbeugen.

Maßnahmen zur Dekubitus­prophylaxe

Bei der Prophylaxe eines Dekubitus ist Bewegung unerlässlich. Bettlägerige und sitzende Personen, sollten sich so viel wie möglich selbst bewegen. Kann sich der Betroffene selbst nicht mehr im Bett umdrehen oder bewegen, sind Umlagerungen von außen nötig.

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Druckentlastung und Druckveränderung

Sitzt eine Person z. B. wegen einer Querschnittslähmung im Rollstuhl, lastet der größte Druck auf den Sitzbeinhöckern am Gesäß. Ein Sitzkissen, dass den Druck auf die gesamte Fläche verteilt, ist die erste Maßnahme zur Dekubitus­prophylaxe. Um eine möglichst wenig belastende Sitzposition zu erreichen, sollten die Füße auf dem Boden oder einer Fußstütze stehen und die Arme den Körper leicht auf der Armlehne abstützen. Das Becken ist im besten Fall leicht nach vorne gebeugt und die Oberschenkel sind leicht angestellt. Sind Betroffene dazu in der Lage, können sie sich gelegentlich hochstemmen und damit die Sitzbeinhöcker entlasten.

Personen, die dauerhaft im Bett liegen, sollten sich mindestens alle zwei Stunden bewegen. Ist das nicht mehr möglich, müssen Pflege­nde die Bewegung der Person übernehmen. Durch das Bewegen der Arme und Beine tragen sie zur Mobilisation bei. Um die Druckentlastung zu fördern, sollten gefährdete Körperstellen möglichst frei lagern und nicht auf dem Bett aufliegen.

Lagerung

Bettlägerige Erkrankte, die sich nicht selbst drehen können, müssen in regelmäßigen Abständen umgelagert werden. Ideal ist es, wenn sich die Rückenlage mit einer schrägen Seitenlage abwechselt. Der Betroffene sollte allerdings nur im 30°-Winkel nach links oder rechts gedreht werden. In dieser Position liegen kaum Knochen, sondern überwiegend Weichteile auf, sodass der Entstehung eines Dekubitus vorgebeugt wird.

Tipp: Pflege­nde Angehörige sollten eine Schulung bei einer examinierten Pflege­kraft absolvieren, um genau zu wissen, wie sie einen bettlägerigen Patienten bestmöglich bewegen und umlagern. Bekommt der Betroffene Pflege­geld, lohnt es sich, einen Teil davon in einen entsprechenden Kurs zu investieren.

Mikrolagerung
Jede kleine Lagerung hilft dabei, den Druck auf einzelne Körperstellen zu verringern. So können gefaltete Handtücher oder Kissen, die unter Beinen, Armen, Gesäß und Rücken liegen, andere Körperregionen entlasten. Es schont z. B. die Fersen, wenn ein gerolltes Handtuch unter den Waden liegt. Die Fersen liegen dadurch nicht mehr auf, sondern hängen frei in der Luft und sind komplett entlastet.

Kontrolle der Haut bei der Umlagerung

Bei jeder Umlagerung sollten pflegende Angehörige die Haut kontrollieren und an geröteten Stellen einen Drucktest vornehmen. Dabei wird der Finger auf die gerötete Stelle gedrückt. Verfärbt sich die Stelle weiß, liegt kein Dekubitus vor. Bleibt die Stelle allerdings rot, liegt bereits ein Dekubitus ersten Grades vor. Die betroffene Region muss dann über einen längeren Zeitraum entlastet werden.

Dekubitus­prophylaxe: Erstellen Sie einen Bewegungsplan

Wer Angehörige mit eingeschränkter Bewegungsfähigkeit zu Hause pflegt, kann einen Bewegungsplan aufstellen, nach dem er den Betroffenen regelmäßig umlagert. Ist der Angehörige noch selbst dazu in der Lage, Teile seines Körpers zu bewegen, kann er nach dem Bewegungsplan auch kleinere Übungen zur Entlastung machen. Grundsätzlich gilt, dass jede Bewegung und Lagerung zur Entlastung und somit zur Prophylaxe beiträgt.

Hilfsmittel für Dekubitus­prophylaxe

Zur Vorbeugung eines Dekubitus können Sie verschiedene Hilfsmittel nutzen, die die Pflege und Lagerung des Patienten vereinfachen. Allgemein unter dem Begriff Dekubitusmatratzen oder auch Antidekubitusmatratzen bekannt, sind im Fachhandel Weichlagerungssysteme, Wechseldrucksysteme und Systeme zur Stimulation von Mikrobewegungen zu finden. Bei der Auswahl sollten die individuellen Bedürfnisse des Angehörigen im Vordergrund stehen, da nicht jedes System für jedes Krankheitsbild geeignet ist.

Weichlagerungssyteme

Systeme zur Weichlagerung des Angehörigen können entsprechende Matratzen oder Matratzenauflagen sein. Diese Hilfsmittel helfen dabei, die Auflagefläche zu vergrößern, indem sie sich an den Körper anpassen. Je besser sich die Matratze oder die Auflage an den Körper anschmiegt, desto größer wird die Auflagefläche und damit die Entlastung der einzelnen Körperbereiche. Insgesamt wird der Druck minimiert und somit einem Dekubitus vorgebeugt. Aber Vorsicht: Die Matratze darf nicht zu weich sein. Der pflegebedürftige Angehörige muss weiterhin guten Halt finden, um sich zu bewegen und Übungen zur Mobilisation auszuführen. Ist das nicht mehr möglich, kann die Feinmotorik Schaden nehmen.

Luftgefüllte Wechseldrucksysteme

Bei diesem System werden Luftpolster in einer Matratze oder Auflage abwechselnd aufgepumpt. Mit jeder Veränderung in den einzelnen Kammern, verändert sich auch der Druck, dem der Körper des Patienten beim Liegen ausgesetzt ist. Wechseldrucksysteme ermöglichen es, mehrfach in der Stunde eine Druckentlastung zu erreichen, ohne eine neue Lagerung vorzunehmen.
Durch die ständige Veränderung der Druckverhältnisse kann es allerdings zu Nebenwirkungen kommen. Eine erhöhte Grundanspannung der Muskeln, der sogenannte Muskeltonus, kann eine Folge sein. Durch die höhere Anspannung steigt die Gefahr von wiederkehrenden starken Muskelverkrampfungen, sogenannten Spastiken.
Sie sollten Wechseldrucksysteme außerdem nicht in der Pflege von Demenzkranken, Schlaganfallpatienten und Personen mit gestörter Schmerz- und Körperwahrnehmung einsetzen.

Mikro-Stimulations-Systeme

Ziel der Mikrostimulation ist es, dass der Patient sich selbst bewegt. In der Matratze befindet sich ein Gitter, auf dem Flügelfedern mit zwei kleinen Auflageflächen in regelmäßigen Abständen angebracht sind. Die Federn können sich drehen und bewegen. Gesteuert wird ihre Bewegung vollautomatisch – Pflege­nde legen nur fest, welches Bewegungsmuster ablaufen soll. So sind beispielsweise wellenartige Bewegungen, die durch die gesamte Matratze gehen, möglich. Die Federn können auch einen Wechsel von rechts nach links oder eine kreisförmige Bewegung vollführen. All diese Veränderungen in der Matratze regen den Patienten zu Mobilisation an. Er macht selbst kleine druckentlastenden Bewegungen, sogenannten Mikrobewegungen. Mikro-Stimulations-Systeme sind nicht für Demenzerkrankte, Schmerzpatienten und Personen mit Körperbild­störungen geeignet. Dazu zählen z. B. Patienten mit Multipler Sklerose, Morbus Bechterew, Schädel-Hirn-Trauma oder Querschnittslähmung.

Schoner

Um bestimmte Körperteile zu schützen, die besonders belastet sind, können Sie auf Schoner zurückgreifen. Entsprechende Fersenschoner, Ellenbogenschoner oder Fußgelenkschoner gibt es schon für wenig Geld im medizinischen Fachhandel. Angehörige sollten sich informieren, wie hoch der Kostenanteil ist, den die Kranken­kasse übernimmt, wenn der Arzt Schoner aber auch andere Hilfsmittel verschreibt.

Dekubitus­prophylaxe: Hilfsmittel sind kein Ersatz für Pflege

Hilfsmittel können in der Pflege dabei helfen, einem Dekubitus vorzubeugen. Allerdings sind Matratzen und Schoner ausschließlich unterstützende Maßnahmen zur Prophylaxe. Sie können die Pflege durch einen Angehörigen oder eine geschulte Fachkraft nicht ersetzen und sollten ausschließlich ergänzend zum Einsatz kommen.

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Dekubitus-prophylaxe: Hautpflege und Ernährung

Eine gute Hautpflege ist einer der wichtigsten Punkte in der Dekubitus­prophylaxe. Die Haut sollten Sie täglich mit seifenfreier Waschlotion waschen und mit geeigneten Hautlotionen eincremen. Zur Hautpflege nach dem Waschen können auch Salben mit ätherischen Ölen zum Einsatz kommen. Vermeiden Sie Staunässe auf der Haut der pflegebedürftigen Person – besonders im Intimbereich. Gut geeignet sind dafür atmungsaktive Inkontinenzprodukte, die regelmäßig gewechselt werden.

Wichtige Faktoren für eine gesunde Haut sind eine ausgewogene Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Obst, Gemüse und Hülsenfrüchte sowie Vollkorn- und Milchprodukte sollten täglich auf dem Speiseplan stehen. Fleisch und Wurst sollten drei- bis viermal in der Woche auf dem Teller landen. Fetten Seefisch dürfen Pflege­bedürftige ein- bis zweimal wöchentlich verzehren. Um herauszufinden, welche individuellen Bedürfnisse eine pflegebedürftige Person hat, können Sie ein Ernährungsscreening von einer professionellen Pflege­kraft durchführen lassen. Auch die Blut­untersuchung beim Hausarzt gibt Aufschluss darüber, welche Lebensmittel der Betroffene häufiger zu sich nehmen sollte. Achten Sie neben der Ernährung auch auf eine ausreichende Flüssigkeitszufuhr. Ihr Angehöriger sollte täglich 1,5 bis 2 Liter Wasser, Saftschorlen und Tee trinken.

Expertenstandard zur Dekubitus­prophylaxe

Egal ob Sie Ihren Angehörigen selbst pflegen oder nur die Pflege durch einen Pflege­dienst begleiten, kann ein Blick in den aktuellen Expertenstandard zur Dekubitus­prophylaxe in der Pflege hilfreich sein. Den Expertenstandard erarbeitet das Deutsches Netzwerk für Qualitätssicherung und Pflege. Die letzte Aktualisierung wurde 2017 herausgegeben. Die Expertenstandards geben Aufschluss darüber, welche Maßnahmen die Dekubitus­prophylaxe umfasst und wie die Pflege bei Personen, die gefährdet sind, gestaltet ist. Als pflegender Angehöriger hilft Ihnen der Expertenstandard besonders dabei, zu verstehen, wann Sie einen professionellen Pflege­r befragen oder hinzuziehen sollten und was Sie beachten sollten. Wird Ihr Angehöriger bereits professionell gepflegt, bekommen Sie in den Standards einen Einblick, welche Maßnahmen Pflege­r ergreifen, um Patienten vor einem Dekubitus zu schützen.

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Franziska Saß

Franziska Saß ist seit April 2020 Content Managerin bei Afilio. Die studierte Journalistin hat über mehrere Jahre frei für verschiedene Tageszeitungen geschrieben und war anschließend in verschiedenen Unternehmen im Content Management tätig. Bei Afilio schreibt sie vor allem Ratgeberartikel zu wichtigen Vorsorge­dokumenten, Versicherungen und Pflege.

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